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Verregnet aber schön ❤️

Lange war die Teilnahme am Karwendelmarsch geplant, groß die Freude über die ergatterten Startplätze, dann langes Bangen um die Corona-bedingte Absage. Nachdem diese dann feststand, kurze Ernüchterung und deutlich sinkende Trainingsumfänge. Kurz darauf aber die Entscheidung, den Lauf dann doch in Eigenregie durchzuziehen. Die Unterkünfte waren ja schließlich schon gebucht und der moralische Support sichergestellt. 🛏️✅

Ein erster Blick auf das Wetter am 29. verheißt nichts Gutes. Aber da ist der Optimismus noch groß. „Ach, in einer Woche kann sich da noch viel ändern.“ und „Das weiß doch keiner so genau, wie das Wetter da wirklich aussieht“. Leider bleiben die Wetterdienste standhaft bei ihrer Einschätzung und variieren ihre Aussagen nur darin, ob am Samstag jetzt 30 oder 40 Liter Regen fallen sollen. 🌧️ Das führt dann doch zu einer leichten Verunsicherung bei uns, die aber noch mit einem „Bei Regen kann man ja schließlich auch laufen“ tapfer beiseite gewischt wird. „Das stimmt zwar, aber einen ganzen Tag lang?“, verbleibt der still gehegte Zweifel.

Zeitgleich mit steigender Regenmenge befinden sich die Temperaturen im Sinkflug. Als wir dann am Freitagabend frierend in der Unterkunft hocken (die Tiroler sind offensichtlich ein hartes Völkchen und brauchen im August grundsätzlich keine Heizung), werden die Zweifel doch größer. „Wenn es mir hier im Haus schon zu kalt ist, wie wird das dann draußen im Dauerregen?“, denke ich, während es draußen runterplascht.

Die äußerst freundliche Pensionswirtin teilt uns mitleidvoll mit, dass wir dann halt nur eine kleine Wanderung im Tal machen können und ignoriert dabei geflissentlich unsere Beteuerung, es zumindest mit dem Karwendelmarsch probieren zu wollen.

Am 29. dann um 7 Uhr der Start in Scharnitz. Volle Regenmontur samt Wechselshirt im Laufrucksack (das später noch wertvolle Dienste leisten sollte). Es ist tatsächlich so kalt und nass wie vorhergesagt, und außer uns ist erstmal auch kein Verrückter im Halbdunkel am Wanderparkplatz zu sehen.

Nach den ersten Laufmetern allerdings Grund zur Zuversicht: „Das geht!“ In den Regenklamotten ist es doch einigermaßen trocken und warm. So kann man den Anfang der Strecke tatsächlich in Angriff nehmen. Nach ca. einer halben Stunde laufen wir dann auf eine Gruppe Wanderer auf, die beim Überholen neben freundlichem Grüßen das äußern, was wir uns denken: „Dann sind wir doch nicht die Einzigen!“ Mit diesen positiven Erkenntnissen vergeht der Weg Richtung Karwendelhaus dann doch recht zügig. Und sogar der Regen legt entgegen der Vorhersage immer mal wieder ein paar Pausen ein und gibt den Blick auf wolkenverhangene Bergewände frei. ⛰️⛰️

Am Karwendelhaus dann schnell die Eincheckpunkte für die Karwendelmarsch Unlimited App gesucht und nichts wie raus aus dem windigen Sattel, auf dem man es auch mit voller Regenmontur nicht lange aushält. Hier wird der Weg zum ersten Mal anspruchsvoller, was ich mit einem Beinahe-Sturz beweise, den man auf dem steinigen Weg doch tunlichst vermeiden sollte. Aber zum Glück bin ich mit dem Schrecken davongekommen, und jetzt geht es etwas vorsichtiger weiter.

Beim Aufstieg zur Falkenhütte merken wir, dass je ein Riegel und ein Energie-Gel für die 28 km bis dorthin wohl etwas wenig war und die Beine deutlich schwerer werden. Diese Erkenntnis führt dazu, dass wir uns spontan für einen Besuch in der gerade neu eröffneten Falkenhütte entschließen, um unsere Batterien aufzuladen (und nicht nur unfreiwillig am Weidezaun vor der Hütte). In der übrigens wunderbar renovierten Hütte merken wir schnell, dass wir aus den nassen Klamotten müssen, und ich bin jetzt sehr dankbar für das mitgebrachte Wechsel-Merino-Shirt. So genießen wir das Essen und einen Kaffee ☕ und machen uns eine Stunde später frohen Mutes wieder auf den Weg. Dieser frohe Mut hält allerdings nur wenige Augenblicke. Durch die lange Pause hat der Körper aufgehört, Wärme zu produzieren, was sich in kürzester Zeit in extremem Frieren, bei mir bis zu Schüttelfrost, auswirkt. Wo ist jetzt ein steiler Anstieg, wenn man ihn mal braucht? Leider geht es von der Falkenhütte ja erst mal runter. Zum Glück ist der Weg unter den Lalidererwänden laufbar, und schnell wird uns wieder warm.

Den Weg von der Eng zum Binssattel hatten wir schon mal bei einer Wanderung gemacht, und er war uns als relativ harmlos in Erinnerung. Verschiedene Karwendelmarsch-Erfahrungsberichte zeichnen ein anderes Bild, und wie sehr diese zutreffen, dürfen wir jetzt erleben. Nach 35 absolvierten Kilometern zieht sich der nasse, schlammige Weg schier endlos nach oben. Der dichte Nebel verhindert jede Möglichkeit einzuschätzen, wie weit es noch ist. Auf jeden Fall ist die Kette des Binssattel eine Erlösung.

Auf dem Weg vom Sattel zur Gramai begegnen wir noch zwei netten Karwendelmarsch-Wanderern, die schon um 5 Uhr aufgebrochen waren. Ich kann der Leistung, noch einige Stunden länger als wir auf diesem Weg zu verbringen, nur großen Respekt zollen.

Kurz vor der Gramai habe ich meinen ersten Marathon gelaufen. In etwa 9 1/2 Stunden. Evtl. gibt es hier noch Raum für Verbesserung?

An der Gramai Alm noch das Wasser aufgefüllt, und dann geht es auf den laufbaren Weg nach Pertisau. Nur eigentlich hätte ich an diesem Punkt gar nichts dagegen, wenn der Weg nicht laufbar wäre. Denn das Laufen fällt jetzt doch schwer. Großen Respekt vor den Karwendelmarsch-Teilnehmern, die diesen Abschnitt in einem 5min/km oder schnelleren Schnitt abspulen. Bei uns ist erstmal die Devise: Laufen und nicht Gehen, egal in welchem Tempo. Ab der nächsten Alm ist der Weg dann sogar geteert! Wieso teert man denn einen Wanderweg? Etwa einen Kilometer vor der Stadt ist mein Wille dann gebrochen. „Ich muss gehen!“, bricht es aus mir heraus. Der Vorschlag wird allerdings auch wohlwollend aufgenommen.

Vor Pertisau gelingt es uns dann, noch knapp schneller zu sein als eine Kuhherde, die aufs Melken wartet, aber auch nur knapp! 🐄 Die letzten Meter zum Ziel werden der Imagepflege wegen natürlich noch laufend hinter uns gebracht. Beim Zieleinlauf ernten wir sogar noch Applaus von zwei anderen Karwendelmarsch-Läufern, die gerade auf ihre Fahrgelegenheit warten. 10 Stunden 4 Minuten haben wir gebraucht. Eine Stunde davon etwa die Mittagspause in der Falkenhütte.

Am Schluss ist die Freude groß, und so richtig realisieren, dass wir das tatsächlich geschafft haben, werden wir wohl erst in den nächsten Tagen. Ein Jahr der Vorfreude, des Bangens und des Trainings sind vorbei. Und kann dann doch auch gleich wieder von neuem beginnen. Corona bedingt ist die Teilnahme für 2021 ja schon gebucht. Es wird interessant, die Strecke mit Verpflegungsstationen und weniger Gepäck laufen zu können. Vielleicht sogar mit schönerem Wetter? ☀️ Ich nehme mir auf jeden Fall eine bessere Vorbereitung vor, um dann die Strecke vielleicht doch etwas souveräner laufen zu können.

Vielen Dank auf jeden Fall an die Organisatoren, mit dem Karwendelmarsch Unlimited eine Alternative geschaffen zu haben. Es hat uns auf jeden Fall motiviert, Ausschau nach den roten Tafeln des Marschs zu suchen. Und jetzt kann man sich auf das nächste Jahr freuen.