Am Tag des Karwendelmarsches hieß es um 3 Uhr aufstehen um unseren Transferbus zu erreichen. Also Frühstück rein, Kleidung an und los. Im Auto hat sich dann schon die Hochstimmung und Aufregung bemerkbar gemacht. Es war eine gute Entscheidung nicht selbst anzureisen, danke nochmals an Rofan-Reisen für den Tipp. So konnte ich die Stimmung gemeinsam zu dem Event aufzubrechen richtig genießen und in mich einwirken lassen. Meinem Sitznachbarn war meine Begeisterung eher egal, der hat den Schlaf so weit wie möglich bis nach Scharnitz verlängert
Trotz der frühen Stunde war um 05:00 schon geschäftiger Betrieb, die Wartezeiten waren bis auf bei den Klos nicht nennenswert. Schnell noch ein Starterfoto bei der Fotobox und ab zum Startgelände. Die Wartezeit bis zum Startschuss wurde durch Moderation und Musik verkürzt. Langsam füllte sich auch der Bereich und wir fieberten gemeinsam hin auf den Startschuss. Und plötzlich ging alles ganz schnell, ein Knall und die Menge setzte sich in Bewegung. Auf den ersten 2-3 Kilometern war etwas aufzupassen dass niemand einem mit seinen Stöcken versehentlich am Boden festnagelt, doch dann lockerte es langsam auf. Es war nett zu beobachten, dass man in den verschiedenen Etappen meistens die gleichen Leute trifft. Einmal zieht man vor und dann wird man wieder überholt. So geht es zumeist weiter bis zur nächsten Labe. Schnell ist der erste Versorgungspunkt erreicht und man kann sich auf eine ausgezeichnete Verpflegung freuen. Ich war mit meiner Frau relativ zügig unterwegs. Die Platzierung der Labestationen war optimal. Die Mitnahme vom Wasserflaschen hätte ich mir trotz der hohen Temperaturen sparen können, vorsichtshalber hab ich es doch dabeigehabt – war zumindest ein weiterer Trainingseffekt.
Wenn man für die Stecke länger braucht ist es aber unbedingt anzuraten selbst Flüssigkeit mitzunehmen. Die Betreuer der Labestationen füllen die Gefäße auch immer gerne nach. Immer wieder musste ich mich wundern wie viele Freiwillige für die Betreuung des Karwendelmarsches gewonnen werden konnten- Danke ohne euch wäre der Event nicht so professionell abgelaufen. Aber ich schweife ab. Das Karwendelhaus war vergleichsweise schnell erreicht – ich habe vorsichtig kalkuliert und war von der Geschwindigkeit überrascht, aber bei einem Event wie dem Karwendelmarsch zieht einen auch die Gruppe mit und so ist mehr Leistung möglich als bei einem Alleingang.
Eine unangenehme Erfahrung musste ich kurz vor der Falkenhütte machen. Ein Teilnehmer hatte auf beiden Fersen bereits blutige Blasen und anstelle sich diese von der Berggrettung frühzeitig versorgen zu lassen zog er es vor einfach weiterzugehen. Ich hoffe für ihn diese Entscheidung hatte keine allzu großen Nebenerscheinungen mit sich gezogen. Betroffen hat mich der Vorfall jedenfalls gemacht.
Der letzte Anstieg zur Falkenhütte hatte es dann schon etwas in sich und so freute ich mich, dass auf dem Weg entlang der Laliderer Wände noch Schatten war und ich etwas abkühlen konnte. Kurz vor der Eng wurde mein sportlicher Ehrgeiz entfacht – ich konnte es noch vor 12:00 schaffen und so legte ich einen Zahn zu. Wenn ich an die Heidelbeersuppe von der Labestation Eng denke komme ich jetzt noch ins Schwärmen. Die Dusche gleich daneben war auch eine nette Idee!
Und schon ging es weiter zur Binsalm – dort hätte ich das Joghurt besser stehen gelassen, aber dafür hatte ich an dem Punkt auch mein positivstes Erlebnis. Kurz nach der Hütte sind wir bei Frau mit einem geschätzten Alter von über 60 vorbeigekommen. Sie war allein unterwegs und hat ein zügiges Tempo vorgelegt. Nicht wenige gut trainierte Männer hat sie auf ihrem Weg hinter sich gelassen. Die Frau war für mich in dem Moment die absolute Heldin und nicht jene die bereits das Ziel erreicht hatten.
Der Weg zum Gramai-Hochleger hatte es noch wirklich in sich. Angelangt, Wadeln mit Steinöl einschmieren lassen und weiter mit dem letzten Abschnitt. Von nun an ging es nur mehr bergab, aber die Steilheit der Wege ist nicht zu unterschätzen. Speziell auf dieser Wegestrecke war ich froh mich nicht für Trailrunningschuhe, sondern für Klettersteigzustiegsschuhe entschieden zu haben.
Auf der Gramaialm ist mir ein Marschkollege entgegengekommen, die Schuhe hatte er ausgezogen und er verkündete der Menge er lasse es hier, er mag nicht mehr. Aber mein sportlicher Ehrgeiz war bereits wieder geschürt. Sicher spürt man die Kilometer, das Auf und Ab in den Gliedern und das besonders in den Muskeln, aber das Ziel ist nicht mehr weit und ich stellte mir die Frage, ob ich es bis 15:00 schaffen könnte. Aber die letzte Wegstrecke zieht sich noch, auch wenn die Steigung nicht mehr nennenswert ist. Bei der Falzturn Alm freue ich mich und besonders meine Oberschenkel nochmals über eine Schwall Steinöl. Jeder weitere Hinweis auf einen geschafften Kilometer spornt wieder an und ist ein Ziel für sich.
Am Ziel angelangt – 15:00 war doch nicht mehr zu schaffen – und mit der Finisher-Medaille um den Hals brauchte ich noch etwas bis sich die Freude über das Geschaffte einstellte. Zuerst ging es einmal darum den Kohlehydrat- und Wasserspeicher wieder aufzufüllen. Aber zum Glück wurden wir auch am Ziel gut versorgt.
Am Tag des Karwendelmarsches war ich mir sicher ich würde sowas nie wieder machen. Meine Einstellung dazu habe ich am Folgetag gleich wieder geändert. Noch mit Muskelkater im Oberschenkel habe ich beschlossen meine Marschzeit bei meiner nächsten Teilnahme zu verbessern. Ich hoffe wir werden dann wieder so ein Kaiserwetter haben wie 2017. Karwendelmarsch ich komme wieder!